Letzte Woche hatte ich 14 Tabs offen. Kein Browser – mein Kopf.

Während ich versuchte, eine E-Mail zu beantworten, dachte ich gleichzeitig an die Einkaufsliste, ein Gespräch mit meinem Sohn und das offene Projekt im Job. Das Ergebnis? Nichts wurde richtig fertig – außer mir, ich war ziemlich erschöpft.

Kommt dir das bekannt vor?

Das Problem: Tab-Overload im Kopf

In der digitalen Welt haben wir gelernt, ständig hin und her zu schalten. Zwischen Apps, Aufgaben, Reizen. Was auf dem Bildschirm funktioniert, übertragen wir (allein schon aus Gewohnheit) auf unser Denken. Unsere Art zu denken und zu verarbeiten hat sich in den letzten Jahren massiv verändert. Wir springen von Nachricht zu Nachricht, von Video zu Video, von Post zu Post – und oft fühlt es sich an, als ob unser Gehirn wie ein Browser funktioniert, der unzählige Tabs geöffnet hat. Aber ist das wirklich gesund und effektiv? Spoiler Alert: Ist es nicht. Unser Gehirn arbeitet nicht wie ein Computer. Kein Arbeitsspeicher, keine Tabs, kein „schnelles Wechseln“ ohne Energieverlust.

Stattdessen:

  • Oberflächlichkeit: Wir konsumieren Inhalte, ohne sie wirklich zu verarbeiten oder zu hinterfragen.
  • Stress: Der ständige Input und die offenen „Gedankentabs“ überfordern unser Gehirn und sorgen für mentale Erschöpfung.
  • Vergesslichkeit: Unser Arbeitsgedächtnis ist wie ein kleiner Notizzettel. Überladen wir es, bleibt nichts hängen.
  • Fehlende Kreativität: Kreative Ideen entstehen oft in Momenten der Ruhe, nicht im Chaos.
  • Fokusverlust: Durch die ständigen Themenwechsel kommt unser Hirn nicht mehr hinterher.

Zeit für ein Upgrade

Ein Browser ist ein Werkzeug – er wurde entwickelt, um Informationen zu suchen, zu speichern und zu präsentieren. Dein Gehirn hingegen ist ein hochkomplexes, lebendes Netzwerk, das Emotionen, Erinnerungen, Logik und Kreativität miteinander verlinkt. Es ist kein passiver Speicher, sondern ein aktiver Schöpfer von Bedeutungen. Die Lösung ist nicht, alles „im Kopf zu behalten“. Die Lösung ist: einen Denkraum schaffen, in dem dein Gehirn wieder linear arbeiten darf.

Das Hirn frei von den ganzen Ideen, Gedanken, Sorgen und Aufgaben machen und sich wieder auf eine Sache zu konzentrieren, ohne Angst zu haben, etwas zu vergessen. Das wärs doch, oder?

Ein Ort, an dem du Gedanken ablegst, verknüpfst und wiederfindest – ohne sie ständig jonglieren zu müssen. Ich nenne diesen Denkraum: mein digitales Gedächtnis, mein second Brain. Und das Beste daran? Es braucht keine Super-App. Ich nutze Obsidian.

  1. Schließe die Tabs: Konzentriere dich bewusst auf eine Aufgabe zur Zeit. Schalte Ablenkungen wie Benachrichtigungen oder unnötige Apps aus.
  2. Plane gezielte Ruhezeiten: Gönne deinem Gehirn Pausen, in denen es regenerieren und Informationen verarbeiten kann. Ein Spaziergang ohne Smartphone wirkt oft Wunder.
  3. Übe Achtsamkeit: Sei im Moment präsent. Ob beim Lesen, Arbeiten oder im Gespräch – gib der jeweiligen Tätigkeit deine volle Aufmerksamkeit.
  4. Nutze Tools strategisch: Technologie ist ein Werkzeug, kein Ersatz für dein Gehirn. Nutze Kalender, Notizen und Apps, um dir mentale Kapazität für das Wesentliche zu schaffen.
  5. Lerne, Nein zu sagen: Du musst nicht alles wissen oder tun. Setze Prioritäten und lass Unwichtiges los.

3 Prinzipien für ein gehirnfreundliches Denken

  1. Schließe gedankliche Tabs – schreibe sie auf
  • Unser Kopf ist zum Denken da, nicht zum Speichern.
  • Wenn dir eine Idee kommt, schreib sie sofort in dein Notizsystem – nicht irgendwo, sondern an einem zentralen Ort.
  • Ich nutze dazu eine neue Notiz in Obsidian.

Warum es funktioniert:
Du entlastest dein Arbeitsgedächtnis – und gibst deinem Fokus Raum.

  1. Verknüpfe statt zu sortieren
  • Ordnung ist gut, Verknüpfung ist besser.
  • Anstatt starr in Ordnern zu denken, verlinke Begriffe, Projekte und Gedanken miteinander.
  • „Was hängt womit zusammen?“ ist oft die klügere Frage als „Wo lege ich das ab?“

In Obsidian:
Durch Verlinkungen entstehen echte Denk-Netzwerke.
Dein Gehirn liebt Muster – und genau die entstehen dabei.

Ich habe aktuell 1926 einzelne Notizen in meiner Vault. Mal enthalten sie mehr, mal weniger Text. Obsidian stellt jede Notiz als kleinen Punkt dar und je mehr Verlinkungen von dieser Notiz ausgehen (oder zu ihr verlinken), desto größer wird der Punkt.

  1. Verarbeite statt zu konsumieren
  • Viele überfliegen Artikel, speichern Links – aber verarbeiten nichts.
  • Wenn du nach dem Lesen eine kurze eigene Notiz erstellst, beginnt das echte Lernen.
  • Nur so wird der konsumierte Content zu deinem persönlichen Wissensschatz.

Praktischer Tipp:
Erstelle nach jedem Input eine Notiz nach dem Schema:

  • Woher kommt diese Idee?
  • Wohin führt diese Idee?
  • Was bedeutet das für mich?
  • Welche ähnlichen Notizen habe ich bereits?

Was sich bei mir verändert hat

Seit ich mein Gehirn nicht mehr wie einen Browser missbrauche, hat sich vieles verändert:

  • Abends spüre ich weniger Erschöpfung
  • Mehr Klarheit beim Denken
  • Ich habe das Gefühl „schneller“ zu denken
  • Ideen, die früher verloren gingen, tauchen wieder auf – weil sie einen Ort haben
  • Es zeigen sich Verbindungen zwischen Ideen, die ich ohne diese Hilfe nie entdeckt hätte

Ich versuche nicht mehr, alles gleichzeitig im Kopf zu halten. Ich denke lieber eins nach dem anderen. Tief statt breit.

Kennst du das Gefühl, dass dein Kopf einfach zu „laut“ ist?

Dein Gehirn ist ein erstaunliches Organ, das weit mehr kann, als Informationen zu speichern und abzurufen. Es ist der Ort, an dem Ideen entstehen, Kreativität blüht und Verbindungen geknüpft werden. Indem du ihm die Ruhe und den Fokus gibst, die es braucht, kannst du nicht nur produktiver, sondern auch glücklicher und ausgeglichener leben. Also, schließe ein paar Tabs – sowohl auf deinem Bildschirm als auch in deinem Kopf. Gib deinem Geist die Chance, sich zu entfalten, anstatt ihn ständig mit neuen Reizen zu bombardieren. Vielleicht ist es anfangs ungewohnt, bewusste Entscheidungen darüber zu treffen, worauf du dich konzentrierst, und dich von der ständigen Ablenkung zu lösen. Aber mit der Zeit wirst du feststellen, wie befreiend und produktiv es sein kann, deinem Gehirn Raum zum Arbeiten zu geben, anstatt es wie eine Maschine zu behandeln.

Eine kleine Übung für den Alltag:
Nimm dir heute 10 Minuten Zeit, um ohne Ablenkung einfach nur nachzudenken. Kein Handy, kein Buch, kein Podcast. Setz dich hin, schau aus dem Fenster oder an die Wand, und lass deinen Gedanken freien Lauf. Du wirst überrascht sein, welche Klarheit und Ruhe diese kurze Pause bringen kann.

Am Ende des Tages liegt es an uns, wie wir unser Gehirn nutzen. Es ist kein Browser, und das ist auch gut so. Lass dein Gehirn das tun, was es am besten kann: Verarbeiten, Verstehen, Erschaffen. Und vergiss nicht: Manchmal ist weniger wirklich mehr – sowohl bei den Tabs im Browser als auch bei den Gedanken in deinem Kopf.

Wenn du wissen willst, wie das mit Obsidian und digitalen Gewohnheiten geht:
Melde dich bald für unseren Workshop „Balance in the Bytes – Blueprints for the Information Age“ an – oder schreibe mir, was deine größte Denk-Herausforderung ist.

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